Jedes Stück hatte Charakter
Kompositionen des 20. Jahrhunderts, unterhaltsam und harmonisch, dazu ein Tänzer aus Peru, orchestereigene Solisten und eine Serenade, deren Handschrift erstmals für Orchester ausgeschrieben wurde: Das Ortenau-Orchester bot in seinem Frühjahrskonzert jede Menge Überraschungen.
Die Serenadenmusik von Ernst-Lothar von Knorr (1937) eröffnete ein kurzweiliges Programm, das die Zuhörer zu langem Applaus mit Getrampel hinriss. Jedes Stück hatte Charakter (Weill- Kleine Dreigroschenmusik). Rhythmus und Schwung stimmten bis in die witzigen Schlusspointen, und das Bandoneon wies schon auf die Latino-Musik im zweiten Teil hin. Piazzollas „Oblivion“ , eine Art „Tango dolce“ für Oboe und Sordino-Streicher, wurde von Inge Lorang in zartester Tongebung gestaltet.
Ein solistisches Kabinettstück mit tollen Intervallen, Doppelgriffen und schwindelnder Höhe lieferte Hans–Michael Eckert in Jose Bragato’s „Graciela y Buenos Aires“. Aus gewittrigem Klanggemälde tiefster Streicher, die den Sturm der Leidenschaft andeuten, erhebt sich der virtuose Gesang des Cellos, perfekt in Artikulation und Dynamik, und endet in melancholischer Resignation.
Zum Schluß wurde wirklich getanzt, die Urverbindung von Musik und Bewegung vor Augen geführt. Percy Cubas, in Offenburg seit 20 Jahren bekannt, tanzte zwölf Variationen von Alberto Ginastera, meditativ, expressiv, als Vogel oder Pflanze, ganz nach dem Charakter der Musik. Barfuß, in engen schwarzen Beinkleidern und Netzhemd, Gürtel und Manschetten in Indio-Mustern, ließ er die Zuschauer die Einheit von Natur und Kunst erahnen.
Rauschender , hochverdienter Applaus und der Wunsch: ”Weiter so…!”
Frühjahrskonzert 2005
Gottfried Wiedemer – Mittelbadische Presse –