Dreiviertelgetaktete Euphorie
Brachte Wiener Blut in den Adern der begeisterten Zuhörer in Wallung:
das Ortenau-Orchester unter der Leitung von Walter-Michael Vollhardt

Der Can-Can von Jacques Offenbach könnte so etwas wie der Radetzky-Marsch der Offenburger warden. Das Ortenau-Orchester bot den Rampenknaller als Zugabe bei ihrem traditionellen Neujahrskonzert am Dreikönigstag in der ausverkauften Reithalle. Und das völlig euphorisierte Ortenauer Publikum klatschte den Rhythmus nicht weniger begeistert mit, als die Großkopfeten in der Konzerthalle des Wiener Musikvereins, wenn die Wiener Philharmoniker ihr Neujahrskonzert mit dem berühmtesten aller K.u.K.–Märsche beenden.

Auch in Offenburg dominierte die Familie Strauß das Hörvergnügen. Polkas, Galopps und Walzer im Wechsel, und es sei krank und frei gesagt: Es war wieder einmal eine Lust, dem (durch Freiburger Musikstudenten verstärkten) Ortenau-Orchester unter seinem Dirigenten Walter-Michael Vollhardt zuzuhören.

Man reibt sich schon ein wenig Augen und Ohren, wenn man sieht und hört, wie das federt und vibriert und schmelzt und schwelgt. Es ist halt so, dass die Strauß-Musik neben der rhythmischen Exaktheit und einigem an Klangpracht das richtige „Feeling“ braucht. Das Ortenau-Orchester hat die ganze Palette von ahnungsvoll-zart bis glühend-machtvoll drauf, die Triller, die getanzten Pizzicati, das Innehalten und Beschleunigen, den spritzigen Galopp, wie ihn zum Beispiel Eduard Strauß‘ überschäumend-fröhliches „Bahn frei“ verlangt. Aber auch die Polkas, die wie Sektkorken knallen, das liebliche Hineinschleichen ins Ohr romantischer Melodien und das weite Ausholen, wenn der Walzer den Ballsaal in mächtigen Wogen durchströmt. Und die Klangspielereien, mit denen die Straußens als versierte Pop-Stars dem Publikum ständig neuen Hör-und Gesprächsstoff boten: da betont eine plingelnde Triangel stehts das „zwei,drei“ im Walzer-Eins-Zwei-Drei (beim im Dreivierteltakt schlagenden „Frauenherz“ von Josef Strauß), dann erzittert die Geige, wie von der Liebe auf den ersten Blick angerührt, um danach seidig-selig zu seufzen.

Das muß man können! Sonderapplaus gab es für die Schlagzeuger beu „Unter Donner und Blitz“ von Johann Strauß Sohn: Da grollen die Pauken und zischen die Tschinellen durchs lustige Sommergewitter. Überbordender, nicht endenwollender Applaus.

Neujahrskonzert 2005
Robert Ullmann – Badische Zeitung –

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